MAN Truck & Bus
Ab hier wird es ernst Der autonome Truck fährt ab dem Check-Gate des CTA selbstständig zum Blocklager.
Es ist ein ungewohntes Szenario am Hamburger Hafen: Detlev Gosler, Fahrer bei der Spedition Jakob Weets e.K., wechselt nach dem Check-Gate am Container Terminal Altenwerder (CTA) vom Fahrer- auf den Beifahrerplatz, anstatt wie sonst das Fahrzeug mit aufgeladenem Container zum Blocklager zu steuern. Dafür steigt ein Sicherheitsfahrer für Gosler auf der Fahrerseite ein – dieser bedient weder Gas, Bremse noch Lenkung, muss aber aus rechtlichen Gründen mitfahren, um eingreifen zu können, falls der autonome Fahrversuch mit dem Prototypen an der einen oder anderen Stelle nicht reibungslos verlaufen sollte. Damit ist die Sicherheit für alle Beteiligten im laufenden Terminalbetrieb zu jeder Zeit garantiert.
Es ist aber nicht nur ungewohnt, es ist gleichzeitig auch ein aufregendes Pioniergefühl, verbunden mit großer Freude im gesamten Team von „Hamburg TruckPilot“, das gespannt das Prozedere beobachtet: Der Lkw gibt selbstständig Gas. Mit etwa 25 Stundenkilometern bewegt er sich autonom vom Check-Gate in Richtung des Blocklagers, wo die Container auf Abholung per Schiff, Bahn oder Lkw warten. Aufmerksam beobachtet der Sicherheitsfahrer das Geschehen, er ist bereit, jederzeit einzugreifen.
Damit ist der entscheidende Schritt im Pilotprojekt „Hamburg TruckPilot“ gelungen. MAN und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) erproben in diesem Projekt gemeinsam den Einsatz autonom fahrender Lkw auf dem Container Terminal Altenwerder (CTA) und deren Integration in die hochautomatisierten Umschlagprozesse. Vor drei Jahren fiel der Startschuss. Nach der Vorbereitungsphase und der technischen Entwicklung des Systems auf dem Prüfgelände von MAN in München fand seit Herbst 2020 die technische Implementierung vor Ort an der Elbe statt. Ende Mai 2021 folgt dann der Praxistest, als ein Prototypentruck zwei Tage lang im Regelbetrieb einer bestehenden Logistikrelation der Spedition Jakob Weets 40-Fuß-Container im Auftrag der VW Konzernlogistik befördert.
Es ist der Höhepunkt von „Hamburg TruckPilot“, auf den das gesamte Team hingefiebert hat: Das Entwicklerteam von MAN und VW habt monatelang getestet, angeleitet von Sebastian Völl, Projektleiter Automatisiertes Fahren bei MAN Truck & Bus. „Hamburg TruckPilot ist ein wichtiger technologischer Meilenstein auf dem Weg der Entwicklung autonomer Fahrsysteme bei MAN. Das Know-how, das wir hier aufgebaut haben, bringt uns unserem Ziel näher, dass künftig autonome Lkw nicht nur auf dem Gelände von Logistik Hubs, sondern auch im Regelverkehr zwischen diesen Logistik-Knotenpunkten regulär zum Einsatz kommen“, ordnet Völl den Erfolg ein und spricht damit einen weiteren Aspekt an, der im Rahmen der Praxistestfahrten in Hamburg stattfindet.
Denn auf den regulär durch einen Fahrer durchgeführten Zubringerfahrten auf der A7 zwischen dem Weets Container Terminal Soltau, rund 70 Kilometer südlich von Hamburg, und dem Hafengelände sammeln die Projektbeteiligten während der Praxistestfahrten bereits fleißig Daten für das autonome Fahren auf der Autobahn. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind in Deutschland auf gutem Weg. Denn erst Ende Mai haben Bundestag und Bundesrat das Gesetz zum autonomen Fahren beschlossen, welches den Einsatz solcher Fahrzeugsysteme in festgelegten Betriebsbereichen, wie zum Beispiel auf Strecken zwischen Logistik-Hubs, grundsätzlich ermöglicht.
Sich frühzeitig in den Startlöchern zu positionieren, wo das Ziel allmählich immer greifbarer wird – das ist genau der Grund, den Till Schlumberger, Projektleiter bei der HHLA, als entscheidende Motivation sieht, warum die HHLA am „Hamburg TruckPilot“ teilnimmt: „ „Autonomes Fahren wird kommen. Das bestätigt das kürzlich verabschiedete Gesetz zum autonomen Fahren. Entsprechend wollen und müssen wir uns als HHLA frühzeitig darauf vorbereiten, dass perspektivisch autonome Lkw an unseren Terminals Container abholen beziehungsweise anliefern.“
Sicher ist sicher Ein Sicherheitsfahrer begleitete alle Praxistestfahrten auf dem Terminalgelände, während Weets-Fahrer Detlev Gosler auf dem Beifahrersitz mitfuhr.
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Die Vision So soll es eines Tages laufen, wenn aus Prototypen Serienfahrzeuge werden und wenn der rechtliche Rahmen es erlaubt: Die Lkw-Fahrerin kommt am Check-Gate des CTA an…
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Bitte aussteigen! … dort verlässt sie ihr Fahrzeug, schließt die Fahrertür.
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Routenplanung Via Display steuert die Fahrerin die geplante Position im Blocklager an und gibt damit die Route für den Lkw vor.
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Völlig autonom Eines Tages sollen die angelieferten Container vom Lkw komplett selbstständig zum Blocklager fahren. Die Fahrerin hat am Check-Gate Zeit für administrative Aufgaben oder kann pausieren.
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Zielsicheres Rangieren Dank der verbauten Automatisierungstechnik parkt der Lkw samt Container zügig in der richtigen Parkposition.
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Achtung! Sicherheitsdisplays am autonom arbeitenden Fahrzeug informieren alle auf dem Terminalgelände Beschäftigten über die einzelnen Arbeitsschritte. Hier: das Anheben des Containers in der Blocklagerspur.
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Angekommen Sobald der Lkw zum Stehen gekommen ist, kann der Container automatisch abgeladen werden.
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Bitte einsteigen Ohne Container fährt der Truck anschließend zurück zum Check-Gate, wo die Lkw-Fahrerin zusteigen und wieder das Kommando übernehmen kann.
Wir freuen uns, Teil des innovativen Forschungsprojekts zu sein und damit die Entwicklung von zukünftigen Automatisierungslösungen zu unterstützen
Entscheidend für den realitätsnahen Charakter der Praxistests ist die Beteiligung der Spedition Jakob Weets aus Emden: Der Logistikpartner stellt nicht nur Fahrer bereit, sondern kümmert sich um den kompletten Containertransport und bindet die Versuchsträger in ihren regulären Transportprozess ein. „Wir freuen uns, Teil des innovativen Forschungsprojekts zu sein und damit die Entwicklung von zukünftigen Automatisierungslösungen zu unterstützen“, so Geschäftsführer Jakob Weets mit Blick auf das Potenzial, das automatisierte Fahrfunktionen neben dem Gewinn an Sicherheit vor allem auch hinsichtlich der Entlastung von Lkw-Fahrern künftig bieten können.
Der Truck von Gosler hat mittlerweile längst seine richtige Position entlang des 1.400 Meter langen Container-Blocklagers am Ballinkai gefunden. Autonom rangiert er rückwärts in seine Parkposition. Gosler ist beeindruckt: „Irre, wie präzise und zügig das alles abläuft. Ein ungeübter Fahrer könnte nicht so gut rückwärts einpacken, selbst ein geübter Fahrer bräuchte einen sehr guten Versuch. Dieser Aspekt des Automatisierungssystems würde mir den Alltag schon mal extrem erleichtern.“ Er steigt aus, öffnet die Twistlocks-Verriegelung und bestätigt die Öffnung an einem Kartenlese-Gerät, woraufhin der Container automatisch abgeladen wird. Nach wenigen Sekunden ist der Container abgeladen, Gosler nimmt wieder auf dem Beifahrersitz Platz und das Fahrzeug setzt sich erneut in Bewegung, um zum Check-Gate zurückzukehren.
Der Sicherheitsfahrer musste kein einziges Mal eingreifen. Schließlich kommt der Truck am Check-Gate zum Stehen und Gssler kann wieder das Kommando auf dem Fahrerplatz übernehmen. Er startet den Motor und fährt gewohnt manuell zurück zum Weets Container Terminal Soltau in Soltau, um den nächsten Container abzuholen. Wenn er das nächste Mal am CTA ankommt, werden Völl und seine Kollegen erneut den Wechsel auf den automatisierten Einsatz auf dem Terminalgelände genauestens beobachten. Immer noch mit dem kritischen Blick der Entwickler – aber auch mit Stolz!
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Start der Praxistestfahrt Fahrer Detlev Gosler fährt im Weets Container Terminal Soltau ab in Richtung Hamburger Hafen.
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Zubringerfahrt Rund 70 Kilometer weit steuert der Fahrer den Lkw-Prototyp mit Automatisierungstechnik auf der A7 bis zum Hafengelände.
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Ankunft am Hafen Nach dem Check-in wechseln Fahrer Detlev Gosler und ein Sicherheitsfahrer – hier noch auf dem Beifahrersitz – die Plätze. Der Truck fährt selbstständig zum Blocklager.
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Parken wie ein Profi „Ein ungeübter Fahrer könnte nicht so gut rückwärts einpacken.“ Detlev Gosler zeigt sich beeindruckt vom autonomen Rangiermanöver des Prototypen-Lkw.
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Abgehoben Das ist das Signal für die weiteren hochautomatisierten Prozesse am CTA: Der Container wird abgeladen.
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Erleichtert Der Prototyp-Lkw hat seine Fracht im Praxistest abgegeben – ein voller Erfolg für das gesamte Projektteam!
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Zurück zum Check-Gate Nun können Detlev Gosler auf dem Beifahrer- und der Sicherheitsfahrer auf dem Fahrersitz wieder Platz nehmen. Es geht zurück zum Check-Gate, wo Gosler wieder Steuer und Kommando übernimmt.
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Wichtiger Logistikpartner Die Spedition Jakob Weets aus Emden stellte im Projekt „Hamburg TruckPilot“ nicht nur den Fahrer Detlev Gosler bereit, sondern kümmerte sich um den kompletten Containertransport.
„Hamburg TruckPilot“, ein Projekt, das Teil der strategischen Mobilitätspartnerschaft zwischen der Hansestadt und dem Volkswagen Konzern ist, kann als voller Erfolg gewertet werden. Während des ITS-Weltkongresses im Oktober 2021 werden die Projektpartner ihre detaillierten Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentieren.