MAN Truck & Bus

Ein Mitarbeiter von MAN bei der Arbeit im MAN-Werk für Lkw in Krakau

Fabrik des Jahres

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Ein Ortsbesuch: Das MAN-Lkw-Werk in Krakau hat den renommierten Preis „Fabrik des Jahres“ gewonnen. Eine schöne Bestätigung für Heiko Kayser, der in ein anderes Werk des Konzerns wechselt.

Blick in eine Halle im Lkw-Werk von MAN in Krakau
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Kurze Wege Das Lkw-Werk von MAN in Krakau produziert die schweren Fahrzeugtypen TGX, TGS und TGS WW, Zwei- bis Vierachser, von sechs bis 11,20 Meter Länge.

Die Stille ist verblüffend. Bedeutet Fabrik, nicht metalisches Gehämmer, pneumatisches Kreischen und gelende Zurufe der Arbeiter am Band? Doch im Lkw-Werk von MAN im polnischen Niepołomice bei Krakau dröhnt nichts, die Produktion auf Hochtouren ist nur als Summen und Sirren zu hören. Ein Motor von der Größe eines Kinderbetts gleitet auf einer führerlosen Bahn vorbei. Unter dem Hallendach schwebt lautlos ein Stahl-Chassis aus der Lackiererei zu seiner Montagestation. Am Band ziehen Fahrgestelle in unterschiedlichsten Fertigungszuständen ihre Runden, im Schlepptau Sequenzierwagen, die alle Teile bereithalten, die die Werker benötigen. Es ist so leise, dass Musik aus einem Radio einen Großteil der Halle erfüllt: „Mambo No. 5“. Fast wirkt es, als würden sich Arbeiter und Montageband gemeinsam im Latin-Rhythmus wiegen. Heiko Kayser, seit vier Jahren Werkleiter vor Ort, läuft an den Fertigungsstrecken entlang und schaut sich prüfend um. Er bückt sich, greift ein rotes Stück Plastik vom Boden. „Transportschutzkappen der pneumatischen Leitungen“, sagt Kayser lapidar. „Die fallen gern mal ab.“ Einen Werkleiter, der Müll aufhebt, sieht man nicht alle Tage. Einen, der sofort weiß, was er da in der Hand hält, wahrscheinlich noch weniger. Hier deutet sich schon eine Antwort an, warum dieser Standort 2018 den prestigeträchtigen Preis „Fabrik des Jahres“ für die Serienfertigung erhalten hat: Detailliebe – bis hoch in die Leitungsebene.

Autonom fahrende Wagen im MAN-Werk in Krakau
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Intelligent gelöst Autonom fahrende Wagen transportieren die Motoren zum Montageort.

Konzept der kurzen Wege

Der Werkleiter hat natürlich noch weitere Faktoren als Erklärung parat, nicht zuletzt das logistische Konzept der kurzen Wege. Das Werk wurde 2007 auf der grünen Wiese gebaut – hell, transparent, mit Andockplätzen für Zulieferlastwagen an beiden Seiten der Montagehalle, um die Just-in-Sequence-Produktion direkt am Verbauort mit Nachschub zu versorgen. Ein Layout der kurzen Wege auch in der Halle: Das Werk produziert die schweren Fahrzeugtypen TGX, TGS und TGS WW, Zwei- bis Vierachser, von sechs bis 11,20 Meter Länge. Ungeachtet der Varianten richtet sich die Produktionsfolge strikt nach Bestelldatum und nicht nach Baureihe. „Der Clou liegt in der fortschreitenden Vormontage“, verrät Kayser. Immer mehr Fahrzeugteile werden bereits vorher zu fertig montierten Modulen zusammengefasst, damit sich am Band Arbeitsschritte sparen lassen – und damit Zeit. Denn der Takt des Bandes ist unerbittlich. neun Minuten und 20 Sekunden bleiben jeder der 40 Montagestationen für ihren Part. Auf zwölf Metern Länge müssen alle Handgriffe sitzen, bevor die Mannschaft den Wagen zum nächsten Team weiterreicht. In zwei Schichten, damit die gut 100 Lkw pro Tag pünktlich aus dem Prüfstand rollen. Jeder Handgriff weniger erhöht die Effizienz. Die ausgeklügelte Einfachheit der Montagekette wirkt sich positiv auf die Kostenstruktur, die Qualitätssicherung und die hohe Liefertreue von MAN aus – „davon profitieren auch unsere Kunden“, konstatiert Waldemar Konietzka, CFO des Werkes.

Früher mussten an dieser Stelle zwei Arbeiter ein schweres Rohr zu zweit anheben, jetzt macht es einer mit dem Greifer.

Krzysztof Rakoczy
Teamchef einer Montagestation

Fortlaufende Optimierung

Neben der Effizienz hat der Drang zur Innovation ein zweites Ziel: Ergonomie. Es geht um Arbeitserleichterungen. Krzysztof Rakoczy, Teamchef einer Montagestation, bemerkt den Unterschied tagtäglich. Nach dem letzten Modularisierungsschub sei die Arbeit körperlich nochmals leichter geworden, erzählt er. „Früher mussten an dieser Stelle zwei Arbeiter ein schweres Rohr zu zweit anheben, jetzt macht es einer mit dem Greifer.“ Auch Angelika Łach weiß um die Vorteile bei MAN in Krakau. Nach dem Wirtschaftsabitur heuerte sie lieber in der Produktion als im Controlling an. „Ich habe schon immer am liebsten mit meinem Bruder in der Garage an Autos geschraubt“, sagt sie lächelnd. Nun arbeite sie als eine von nur vier Frauen der Fertigung an drei verschiedenen Stationen der Vormontage. „Die Abwechslung hält einen fit – auch im Kopf.“ Auch die Montagereihenfolge wird fortlaufend optimiert. Von innen nach außen, von unten nach oben, um die beste Zugänglichkeit des Produkts für die Werker zu erreichen. Der Einbau einer Elektrohängebahn, die Verwendung von leisen Elektro- anstelle von Pneumatikschraubern, der Einsatz von Manipulatoren und unterstützenden Podesten, die Fahrwerksmontage nach der Leitungsverlegung: Das sind nur einige der Stellschrauben, an denen Werkleiter Kayser und sein Team permanent drehen.

Stempeln per Touchscreen

Ein weiterer Prozess der stetigen Verbesserung ist die Digitalisierung. Die Vision der papierlosen Fabrik ist fest verankert. Die Werker lesen ihre Fertigungsaufträge und Montagehinweise auf Bildschirmen an den Arbeitsplätzen, die auch Tagessoll und Taktverzögerungen anzeigen. Fördertechnik und Werkzeuge kommunizieren digital. Beispiel Schrauben: Ein Fahrzeug verlangt 100 Newtonmeter Drehmoment für das Festziehen, das nächste 150. Das Werkzeug erkennt selbstständig, was gerade gefordert ist, und stellt sich entsprechend ein. Die wichtigsten Informationen für die Produktionssteuerung laufen auf einem Bildschirm in der Hallenmitte ein: Zulieferquoten, Krankenstand, Taktrapport – hier treffen sich Werk- und Segmentleitung jeden Tag zum Leistungsdialog. Alle wissen über alles Bescheid.

Krakau setzt auf pragmatische Lösungen. „Industrie 4.0 um ihrer selbst willen hilft nicht“, sagt Kayser. „Es sind eher viele kleine Anwendungen, die uns besser verschlanken als ein Riesenumbruch.“ Kayser, der im Juli die Leitung eines anderen Werks übernommen hat, hinterlässt ein wohlbestelltes Haus. „Das ist Gold wert“, sagt sein Nachfolger Thorsten Campehl, vorher Logistikleiter bei VW. Die Messlatte liegt hoch. Seine Zuversicht allerdings ist groß: „Was spricht dagegen, zwei

Text   Till Schröder
Fotos   Thorsten Futh

#Produktion#Lkw#ausgezeichnet
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