MAN Truck & Bus

Zu Besuch im ersten Zero Emission-Hafen der Welt

Es ist eine Hafenanlage der Superlative: das Container Terminal Altenwerder (CTA) der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Weitgehend automatisierte und elektrifizierte Prozesse sorgen für einen hocheffizienten Containerumschlag – und haben das CTA im Jahr 2019 zum ersten zertifiziert klimaneutralen Containerterminal der Welt gemacht. Ein Rundgang durch die außergewöhnliche Hamburger Kaianlage, auf der auch der Hamburg TruckPilot stattgefunden hat, ein Gemeinschaftsprojekt von MAN und HHLA zum Einsatz autonomer Lkw auf einem Containerterminal.

Während viele Häfen über Jahrhunderte gewachsen sind, konnte das Container Terminal Altenwerder auf der „grünen Wiese“ gebaut werden. Diese Chance hat die HHLA genutzt: Vor dem ersten Spatenstich wurden die Anlagen und Abläufe des Güterterminals in unzähligen Computersimulationen getestet und optimiert. Das Resultat ist ein klar strukturierter, kompakt gestalteter, hochdigitalisierter Knotenpunkt mit kurzen Wegen für den klimaneutralen Umschlag von Gütern aus der ganzen Welt.

Hochbetrieb? Kein Problem für das Container Terminal Altenwerder. Bis zu vier Containerschiffe gleichzeitig können an seiner 1.400 Meter langen Kaimauer gelöscht oder beladen werden. Jedes Jahr legen hier mehr als 500 große und rund 1.600 kleinere Containerschiffe sowie über 1.000 Binnenschiffe an, um abgewickelt zu werden.

Riesen des Hafens: Für das Be- und Entladen der Schiffe sorgen 14 jeweils 2.000 Tonnen schwere Containerbrücken, die komplett mit Ökostrom betrieben werden. Jede von ihnen verfügt über zwei sogenannte Laufkatzen, an denen befestigt die Container von oder auf die Schiffe gelangen.

Die nächste Station ist ein höher gelegenes Arbeitsportal. Dort werden die Container abgesetzt und von den Mitarbeitenden in der Brückenaufsichtskabine geprüft und erfasst. Danach geht der Verladeprozess vollautomatisiert weiter: Sobald sich auf der Landseite der Brücke ein autonom fahrendes Automated Guided Vehicle (AGV) bereitgestellt hat, setzt eine Portalkatze den Container auf dem AGV ab.

Insgesamt dienen im CTA rund 90 automatisierte Fahrzeuge als Bindeglied zwischen den Brücken und dem Containerlager. Die AGV suchen sich eigenständig den schnellsten Weg. Dafür sorgt eine von der HHLA entwickelte Software, die die Signale von über 19.000 in die AGV-Fläche eingelassenen Transpondern auswertet und so die Positionen der Fahrzeuge genau bestimmen und sie per Funksignal lenken kann. Der AGV-Fahrbereich ist zur Sicherheit für Personen gesperrt.

Die computergesteuerten AGV versorgen sich selbstständig mit Energie. Knapp zwei Drittel des Fuhrparks haben einen batterieelektrischen Antrieb und tanken Ökostrom, das restliche Drittel läuft aktuell noch mit dieselelektrischem Antrieb. Ende 2022 sollen alle AGV mit schnell ladefähigen Lithium-Ionen-Akkus ausgestattet sein. Spannend: Anfang 2019 startete am CTA das Forschungsprojekt FRESH, das die AGV zu mobilen Stromspeichern weiterentwickelt. Dazu nehmen die Fahrzeuge an der Stromtankstelle entweder überschüssige Energie aus dem Stromnetz auf oder geben sie bei Engpässen zurück. So können wetterbedingte Schwankungen bei erneuerbaren Energien ausgeglichen werden.

Hat das AGV einen Container geladen, steuert es das benachbarte Blocklager an. Es besteht aus 26 Lagerblöcken, die jeweils zehn Reihen umfassen. Jeder Block verfügt über zwei Portalkräne. Die schienengeführten Double Rail Mounted Gantry Cranes, kurz DRMG, arbeiten automatisch – auch nachts. Auf eine Beleuchtung des Containerlagers kann daher weitgehend verzichtet werden. Diese Maßnahme zahlt auf die Klimaneutralität des HHLA Container Terminals Altenwerder ein: Sie spart so viel Strom, wie 500 Vierpersonenhaushalte im Jahr verbrauchen. Wird doch Licht benötigt, kommen Leuchtdioden zum Einsatz, die bei gleicher Lichtstärke weniger Energie verbrauchen.

Maximale Effizienz: Die zwei Kräne des DRMG arbeiten unabhängig voneinander. Auf diese Weise können die Wasserseite mit den AGV und die Landseite, auf der Züge oder Lkw für den Transport ins Hinterland warten, gleichzeitig bedient werden. Damit sie sich nicht gegenseitig blockieren, sind die Kräne unterschiedlich groß. Um Container schnell bereitstellen zu können, sorgt eine Software für Ordnung. Sie räumt in Ruhezeiten in den Lagerblöcken auf.

Werden die Container landseitig durch Lkw abtransportiert, läuft der Umschlag manuell ab. Mitarbeitende setzen die Stahlquader per Joystick mit Hilfe einer Kamera auf den Lkw ab. Läuft der Weitertransport via Gleis, überführen Zugmaschinen die Container zum terminaleigenen Containerbahnhof – dem umschlagstärksten in ganz Europa. Zurzeit fahren die Zugmaschinen noch mit einem Dieselantrieb. Die Erprobung von Elektrozugmaschinen auf dem HHLA Container Terminal Altenwerder läuft jedoch auf Hochtouren. CO2-Emissionen, die heute noch bei solchen Abläufen entstehen, gleicht die HHLA durch Klimaschutzprojekte, beispielsweise für die Aufforstung des Regenwalds in Panama, aus.

Der Terminalbahnhof schließt den HHLA Container Terminal Altenwerder mit neun parallelen und 700 Meter langen Gleisen an das deutsche Schienennetz an. Hier sorgen vier elektrifizierte Portalkräne mit Drehkatzen für das Be- und Entladen der Züge. Die Klimafreundlichkeit des CTA treiben an dieser Stelle die ersten Hybrid-Loks der Welt voran. Sie stoßen bis zu 50 Prozent weniger CO2 aus und bis zu 70 Prozent weniger Stickstoffdioxid. Außerdem können die innovativen Loks ihren Kraftstoffverbrauch durch maximierten batterieelektrischen Betrieb um bis zu 50 Prozent senken.

Seit Ende 2018 treiben MAN Truck & Bus und die HHLA das Forschungs- und Erprobungsprojekt „Hamburg TruckPilot“ zur Entwicklung von Automatisierungslösungen voran.

Das Projekt läuft nach Plan: Im Mai 2021 steuerte erstmals ein Prototypentruck mit realer Containerladung eigenständig über das Terminalgelände. Mithilfe vieler eingebauter Sensoren und Kameras navigierte er selbstständig und sicher durch das Gelände und parkte passgenau in die Blocklagerspur ein. Ultimativ ist das Ziel ein automatisierter Verkehr Hub-to-Hub, fahrerlos vom Start zum Ziel. Das gemeinsame Projekt mit der HHLA auf dem CTA war ein wichtiger Schritt dorthin. Viele weitere werden folgen.

Text   Susanne Theisen
Fotos   MAN, HHLA

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