MAN Truck & Bus
Bestimmt kennen Sie das: Auf der Autobahn taucht im Rückspiegel ein respekteinflößendes Fahrzeug auf – Sie machen intuitiv Platz. Diesen Effekt nennen Fachleute „Überholprestige“. Das Fahrzeug zieht vorbei, ehe Sie sich fragen können, warum Sie sofort ausgewichen sind. Wahrscheinlich hat sein grimmiger, aggressiver Blick sie unbewusst beeinflusst. Punkt, Punkt, Komma, Strich oder auch Scheinwerfer, Kühlergrill, Stoßstange: Diese Kombination erinnert uns unwillkürlich an ein Gesicht. Und Gesichter sind uns Menschen enorm wichtig. Daher scannen wir ständig unsere Umgebung nach ihnen ab und entdecken sie auch dort, wo eigentlich gar keine sind: In Wolken, einem Stück Emmentaler oder eben einer Autofront. Dieses wahrnehmungspsychologische Phänomen machen sich Fahrzeug-Designer zu nutze. Sie lassen Pkw, Lkw oder Busse bewusst freundlich, zuverlässig oder eben aggressiv wirken. Scheinwerfer gehören daher zu den Elementen, denen Fahrzeugdesigner sich mit besonders viel Hingabe widmen. In neue Scheinwerfer investieren vor allem Pkw-Hersteller Millionen Euro. Einige beschäftigen ganze Design-Abteilungen, die sich ausschließlich auf die Gestaltung von Scheinwerfern und Rückleuchten konzentrieren.
Bis in die 1970er-Jahre wäre das für die meisten noch undenkbar gewesen. Gesichter hatten Fahrzeuge zwar auch damals schon, aber sie waren lange nicht so charakteristisch wie heute. Kein Wunder, denn viele Fahrzeughersteller nutzten die gleichen Scheinwerfer-Modelle. Nämlich die, die die Zulieferer im Regal hatten. Auch heute gibt es natürlich noch Fahrzeuge, vor allem Nutzfahrzeuge, mit Zulieferer-Scheinwerfern. Meist können oder wollen die Hersteller die hohen Kosten für die Entwicklung einfach nicht aufbringen.
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MAN-Tagfahrlicht-Signatur Bei der Entwicklung der neuen MAN-Scheinwerfer hat sich das Design-Team besonders intensiv mit der Lichtsignatur beschäftigt. Tagfahr-Lichtbänder in den Hauptscheinwerfern erinnern an die Form eines Eyeliners, dem „Blazing Beam“. Da sie Tag und Nacht leuchten, kann man jederzeit bereits von weitem erkennen: Da kommt ein MAN.
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MAN-Scheinwerfer Bei den neuen MAN-Scheinwerfern entschieden sich die Designer für einen freundlichen und zugleich selbstbewussten sowie durchsetzungsstarken Blick.
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Der Blazing Beam Ein Band, zwei Funktionen: Schaltet der Fahrer den Blinker an, erlischt automatisch das Tagfahrlicht-Band, in das der Blinker integriert ist. Ein kleines Detail, das zu einem hochwertigen Gesamtauftritt beiträgt. Auch der Stadtbus Lion’s City ist mit den Scheinwerfern ausgestattet. 2018 wurde er das erste Mal der Öffentlichkeit präsentiert.
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Rückleuchten MAN Eine klare, schlichte und gleichzeitig elegante Formensprache mit hohem Wiedererkennungswert: Darauf kam es den MAN-Designern bei der Gestaltung der Rückleuchten und dem Nachtdesign an.
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Lion’s Coach Auf der Busworld-Messe 2017 feierte der MAN Lion’s Coach mit den neuen Scheinwerfern Premiere.
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NEOPLAN-Scheinwerfer Der Adlerblick des NEOPLAN-Busses bleibt im Gedächtnis. Er verleiht dem Fahrzeug einen athletischen, aggressiven Ausdruck und eine markante Lichtsignatur.
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NEOPLAN Smokey Eyes Dunkel geschminkte Augen, so genannte Smokey Eyes, sind ein Hingucker – und Vorbild für die dunkel hinterlegten Scheinwerfer der NEOPLAN-Busse.
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Was für vorne gilt, gilt nicht für hinten Das Heck sollte als Rückseite zu erkennen sein und nicht wie ein Gesicht wirken. Auch ein Grund für die augenuntypische Form der Heckluchten, die die Designer für die NEOPLAN-Busse extra gestaltet haben. Sie waren bei der ersten Produktion einmalig und bahnbrechend im Omnibus-Design.
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Vergleich NEOPLAN und MAN Marken wollen sich voneinander unterscheiden und für etwas Eigenes stehen. Das sieht man den Fahrzeugen von MAN (links) und NEOPLAN (rechts) mitsamt ihren Scheinwerfern sofort an – „der Löwe“ und „der Adler“.
Für bekannte Marken, die ein bestimmtes Qualitätsversprechen mit sich bringen, ist das heutzutage fast undenkbar. Sie messen charakteristischen Scheinwerfern einen hohen Stellenwert bei. Lutz Fügener leitet den Studiengang Transportation Design an der Hochschule Pforzheim und hat bereits für diverse Fahrzeughersteller gearbeitet. Er kennt die Beweggründe der Hersteller: „Scheinwerfer sind nicht nur dazu da, Licht auszusenden“, sagt er. „Für Marken ist es enorm wichtig, dass sie auffallen und wiedererkannt werden – auch durch markant gestaltete Scheinwerfer. Natürlich können Scheinwerfer auch insgesamt dazu beitragen, dass ein Fahrzeug modern und ästhetisch ansprechend wirkt.“
Auch für die Hersteller von Nutzfahrzeugen gewinnt das Thema an Bedeutung. Stephan Schönherr, Leiter Design Bus bei MAN, sein Bus-Team und das MAN-Lkw-Design-Team haben in den letzten Jahren viel Zeit in die Entwicklung von Scheinwerfern und Heckleuchten investiert. Eine Mammut-Aufgabe. Schließlich gibt es an Fahrzeugen diverse Beleuchtungselemente, die unterschiedliche Funktionen erfüllen müssen. Dazu gehören das Stand-, Abblend- und Fernlicht, die Nebelscheinwerfer, die Fahrtrichtungsanzeiger, das Tagfahrtlicht und bei langen Fahrzeugen wie Bussen auch beispielsweise Seitenblinker, Positionsleuchten und diverse Arten von Markierungsleuchten. „Doch der Aufwand lohnt sich“, findet Stephan Schönherr und ein Fehlgriff bei den Scheinwerfern und Heckleuchten ist auch nicht ungefährlich. Schielt oder guckt ein Fahrzeug verpeilt, schläfrig oder verrückt, sind Imageschäden und wirtschaftliche Verluste vorprogrammiert. Kunden und Fahrgäste wollen etwas Positives und Attraktives mit dem Bus verbinden, der für den Menschen eingesetzt wird.
NEOPLAN-Scheinwerfer Nacht Zwei leuchtende Punkte links, zwei rechts? Das kann nur ein NEOPLAN sein. Designer verleihen Marken visuelle Identitäten, die sie wiedererkennbar machen – auch nachts.
Der Produktdesigner verantwortet das Omnibus-Design für MAN und NEOPLAN. Sein Team und er gewannen mit den Entwürfen zahlreiche Auszeichnungen, wie den iF design award, den red dot design award und den German Design Award. Privat umgibt sich Stephan Schönherr gerne mit Design-Klassikern und macht gerne Spritztouren durchs Alpenvorland mit seinem Oldtimer, einem 1972er Ford Mustang.
Der Industriedesigner leitet den Studiengang Transportation Design an der Hochschule Pforzheim. Als Mitinhaber des Studios FT arbeitet er für diverse Fahrzeughersteller. In seiner Freizeit schraubt er gerne an Automobilen, Motorrädern und Rennrädern und nimmt jedes Jahr am 24-Stunden-Radrennen auf dem Nürburgring teil.
Um die mit dem Gesichtsausdruck verbundenen Risiken und Chancen weiß natürlich auch Stephan Schönherr, der seit 22 Jahren als Designer bei MAN dabei ist. „Scheinwerfer und Leuchten zu gestalten, erfordert besonders viel Kreativität“, sagt er. „Denn es gibt zahlreiche Beleuchtungsvorschriften und Kostenziele, die vorgeben, welche Scheinwerfer wo positioniert sein müssen. Hinzu kommen unsere eigenen Corporate-Identity-Vorgaben. Da bleibt nicht viel Freiraum für ausladende Gestaltungsideen. Aber genau diesen Spielraum zu finden und zu nutzen, verlangt ein besonders hohes Maß an Kreativität – das macht die Aufgabe so spannend“, sagt er. Um absolut sicher zu sein, dass ihre Ideen auch die gewünschte Wirkung haben, arbeiten die MAN-Designer-Teams nicht nur mit 3-D-Programmen am Computer, sondern auch mit 1:1-Modellen, die wiederrum in originalgetreu große Modelle von Bussen eingesetzt werden. In den Prozess involviert sind natürlich nicht nur Gestalter, sondern fast alle Abteilungen des Unternehmens: von der Elektrik, Technik und dem Vertrieb über den Einkauf und das Controlling bis zur Fertigung.
Einen besonderen Fokus legten viele Fahrzeughersteller in den letzten Jahren auf die so genannte Nachtsignatur, also auf die Wirkung eines Fahrzeugs bei Dunkelheit. „Auslöser für diese Entwicklung waren die sogenannten Angel Eyes von BMW“, erinnert sich Lutz Fügener. „Erstmals wurden Standlichter in Form von Ringen verwendet, die den Autos auch bei Nacht etwas Unverwechselbares verliehen. Eigentlich war das eine Art positiver Nebeneffekt. Denn auf die Idee stieß man nur, weil man die Front aus aerodynamischen Gründen sehr flach halten wollte.“ In den folgenden Jahren zogen diverse andere Hersteller nach und begannen nach passenden, einzigartigen Lichtsignaturen für ihre Marke zu suchen: von markanten Scheinwerferformen über Muster in den Scheinwerfern bis hin zu sich bewegenden Umlauf-Lichtern. Auch MAN hat bei der Neugestaltung seiner Scheinwerfer und Rückleuchten in den letzten Jahren viel Zeit in seine Nachtsignatur des Nachtdesigns investiert. Das Ergebnis sind unter anderem Linien in den Hauptscheinwerfern, die an Eyeliner erinnern, die „Blazing Beams“ sowie markant anmutende Heckleuchten. „Lichtbänder, die so hell strahlen, dass sie die Richtlinien fürs Tagfahrlicht erfüllen, sind eine relativ neue Möglichkeit“, erklärt Stephan Schönherr. Ihm und seinem Team hat sie neuen kreativen Spielraum für die Omnibusse geboten – der sich sehen lassen kann.