MAN Truck & Bus

Richard von Braunschweig schaut freundlich in die Kamera

MAN ist auf dem Weg, ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen zu werden

Ein Interview mit Richard von Braunschweig, dem neuen Leiter Unternehmensentwicklung

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Mit der Neuausrichtung des Produktionsnetzwerks stellt sich MAN kosteneffizient und zukunftsorientiert auf. Der neue Leiter Unternehmensentwicklung Richard von Braunschweig erklärt, wie die optimierte Struktur zu einer erfolgreichen Transformation von MAN beiträgt.

MAN ist mittendrin, sein Produktionsnetzwerk neu auszurichten – vom Verkauf der Werke in Steyr und Plauen bis zur Umgestaltung der Standorte in München, Nürnberg, Krakau, Banovce oder auch Ankara. Welche Bedeutung hat diese Neuausrichtung für die gesamte Transformation von MAN?

Richard von Braunschweig Die Transformation ist für alle betroffenen Unternehmen der Automobil- und Nutzfahrzeugbranche eine gewaltige Herausforderung, weil für die Umstellung auf emissionsneutrale Antriebe, die Digitalisierung und den Einstieg in die autonome Fahrzeugsteuerung enorme finanzielle Mittel nötig sind. Fortschritt kostet viel Geld. Firmen, die wie MAN seit vielen Jahren eine eher schwache Ertragslage haben und folglich über weniger Kapital für Investitionen verfügen als einige Wettbewerber, haben hier einen großen Nachteil. Bereits kleine Schwankungen führen dann schnell zu roten Zahlen, beispielsweise bei einer veränderten Auftragslage oder bei höheren Materialkosten. Und das kann auf Dauer natürlich nicht gut gehen, schon gar nicht inmitten einer Pandemie mit gestörten Lieferketten, wie wir sie alle gerade erleben. Daher ist die deutliche Verbesserung unserer Profitabilität der erste wesentliche Schritt, um die Transformation selbst gestalten und auf die Herausforderungen der Zukunft entsprechend reagieren zu können. Der Verkauf der Werke in Plauen und Steyr war für diesen ersten Schritt von enormer Bedeutung.

Die Verkäufe, Anpassungen und Veränderungen im Produktionsnetzwerk sind also ein Beitrag, um langfristig das Renditeziel von acht Prozent zu erreichen?

Richard von Braunschweig Ja, sie sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg hin zu einer operativen Rendite von acht Prozent. Indem wir das Produktionsnetzwerk und logistisch notwendige Prozesse effizienter machen, verbessern wir die Robustheit des Unternehmens insgesamt. MAN ist auf dem Weg, ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen zu werden – mit einer verbesserten Basis und einer solideren Liquidität. Sie ist der Schlüssel für eine stärkere Ausrichtung auf Zukunftstechnologien. Je besser unsere wirtschaftliche Ertragslage ist, desto stärker können wir unsere Produkte und Dienstleistungen in Richtung Elektromobilität, Automatisierung und Digitalisierung entwickeln. Und ein wesentlicher Hebel zur Verbesserung unserer Ertragslage liegt einfach in einer effizienteren Produktion unser Produkte. Wir haben jetzt in Krakau die Möglichkeit geschaffen, unsere große Stärke, nämlich hohe Stückzahlen und eine hohe Varianz, so effizient wie möglich zusammen zu bringen.

Neben der besseren Ertragslage – welche weiteren Vorteile ergeben sich durch die Neuaufstellung der Produktion?

Richard von Braunschweig Wir haben mit der Neuausrichtung auch eine klare Zuordnung und Bündelung von Kernkompetenzen erreicht. Indem wir beispielsweise Krakau zum Volumenausgleichswerk und in Banovce die Komponentenfertigung erweitern, können wir in München und Nürnberg den Fokus auf Zukunftstechnologien setzen. Vor allem diese beiden Standorte sollen als Kompetenz- und Entwicklungszentren noch mehr Innovationskraft in die Themen Elektromobilität, Automatisierung, Digitalisierung, Batterietechnik und alternative Antriebe stecken können.

Sie haben vorhin gesagt, die Umstrukturierung sei „ein wichtiger Baustein“ – welche anderen Bausteine spielen denn noch eine Rolle?

Richard von Braunschweig Die Optimierung der Produktionsstruktur hat einen positiven Einfluss auf die Gesamtsituation des Unternehmens, ist aber natürlich nur ein Baustein von vielen, die innerhalb des strategischen Feldes, eine „Robust Company“ zu werden, von Bedeutung sind. Hinzu kommen beispielsweise die mit dem Betriebsrat vereinbarten Personalmaßnahmen entlang der demografischen Kurve oder die Verbesserung der Durchlaufzeiten im Vertrieb. Projekte wie die Schaffung neuer Arbeitsumgebungen spielen ebenfalls eine Rolle – sowohl mit Blick auf das Ziel der „Robust Company“ als auch auf den Aspekt des „Strong Team“. Großen Einfluss auf die Verbesserung unserer Ertragslage hat auch die weitere Material- und Produktkostenoptimierung in Beschaffung und Entwicklung. Insgesamt verfolgt MAN das Ziel einer Ergebnisverbesserung in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro. Nur so können wir, wie gesagt, unsere zweite strategische Stoßrichtung – „Smart Innovator“ – und damit die Zukunft unseres Unternehmens solide finanzieren.

Können Sie als Leiter Unternehmensentwicklung die Transformation des Unternehmens in einen größeren Zusammenhang einordnen?

Richard von Braunschweig Die Transformation wird von gesellschaftlichen und politischen Veränderungen getrieben, die auch unsere Kunden zum Umdenken zwingen. Daher wandeln auch wir uns, um auch künftig ihre Bedürfnisse befriedigen zu können. Der Wandel hat drei wesentliche Treiber: Zum einen die gesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung der Klimaziele, wie sie Ende 2015 im Pariser Abkommen beschlossen worden sind. Darauf haben wir reagiert, indem wir die nachhaltige Wertschöpfung und Dekarbonisierung im Rahmen des Feldes „Robust Company“ noch stärker in die Unternehmensstrategie integriert haben. Der steigende Absatz von Null-Emissions-Fahrzeugen ist unser wichtigster Hebel, um die von der EU-Kommission geforderte CO2-Reduzierung zu erfüllen und Strafzahlungen möglichst zu vermeiden: So müssen wir die CO2-Emissionen in der Neuwagenflotte bis 2025 um 15 Prozent reduzieren, bis 2030 dann sogar um 30 Prozent – alles bezogen auf den Referenzzeitraum der zwischen dem 01.07.2019 und 30.06.2020 zugelassenen Lkw. Hinzu kommt, dass die EU-Kommission das definierte Ziel von 30 Prozent bis 2030 in diesem Jahr nochmals signifikant verschärfen möchte – wir müssen uns somit auf weitere Anspannung einstellen.

Was sind die beiden anderen wesentlichen Treiber?

Richard von Braunschweig Automatisierung und Digitalisierung sind die zwei weiteren wesentlichen Treiber, die die Spielregeln der Branche verändern. Ich möchte sie hier nur kurz anreißen: Das zuerst automatisierte und dann autonome Fahren entwickelt sich parallel zu den alternativen Antrieben rasant weiter. Deutschland ist in seiner Gesetzgebung bei diesem Thema den weltweit ersten Schritt gegangen und hat im Sommer 2021 einen Rechtsrahmen geschaffen, der es erlaubt, autonome Kraftfahrzeuge in festgelegten Betriebsbereichen bundesweit im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb einzusetzen. Das hat den Trend und die wirtschaftliche Perspektive ganz klar bestätigt – und damit auch die jahrelange Entwicklungsarbeit von MAN. Grundlage für autonome Fahrfunktionen, aber auch für neue Geschäftsmodelle, ist die zunehmende Digitalisierung von Nutzfahrzeugen. Sensoren sammeln immer größere Datenmengen, die im Fahrzeug oder in einer IT-Infrastruktur ausgewertet werden. Dazu müssen die Computer in den Fahrzeugen intelligenter werden – bis hin zu Lkw und Bussen, die selbstständig intelligente Entscheidungen treffen können. Zudem ermöglicht uns die Digitalisierung eine direkte Anbindung zum Kunden.

Was stimmt Sie zuversichtlich, dass MAN den Weg der Transformation erfolgreich gehen wird?

Richard von Braunschweig Vorhin haben wir über „Strong Team“ gesprochen, wie ich finde das Herzstück unserer Strategie. Das hat MAN schon immer ausgezeichnet: Wir sind ein starkes Team. Und wir können, wenn wir zusammenstehen, noch besser werden. Auf dieses besondere Gemeinschaftsgefühl konnte MAN in den über 260 Jahren seiner Geschichte immer bauen. Ich möchte an dieser Stelle alle Kolleginnen und Kollegen aufrufen, sich weiter aktiv einzubringen und sich zu engagieren – jetzt kommt’s darauf an! Eine gute Strategie zu haben ist wichtig, aber noch wichtiger sind die Menschen, die diese Strategie mit Leben erfüllen und umsetzen. Ein weiterer großer Vorteil, der mich zuversichtlich in die Zukunft blicken lässt, ist, dass MAN diesen Weg nicht alleine gehen muss, sondern in der TRATON Gruppe starke Partner hat. Die Zusammenarbeit der Marken, beispielsweise bei Motoren, Antriebssträngen oder bei der EE-Architektur, schafft Synergien, die uns alle schneller und effizienter machen.

Zur Person 

Richard von Braunschweig, seit 2006 im Unternehmen, hat zum 1. September 2021 die Leitung des Bereichs Corporate Development (GS) übernommen. Vorher war der 48-jährige Jurist Leiter der Abteilung GX, die für weltweite Fusionen und Übernahmen, Beteiligungen sowie Lizenzen zuständig ist. Ab März 2021 bis zum Verkauf des MAN Werks in Steyr war Richard von Braunschweig Mitglied der Geschäftsführung der MAN Truck & Bus Österreich GesmbH.

Interview   MAN
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