MAN Truck & Bus

Portrait von Thomas Ernst, Leiter Nationale Transporte und Beschaffung PostLogistics bei der Schweizerischen Post

Ich sehe viele Vorteile beim Elektro-Transporter

Als eines der größten Unternehmen der Schweiz treibt die Post ihre eigene Verkehrswende voran: Pakete und Päckchen sollen bis 2030 ausschließlich per Elektroantrieb ihre Empfänger erreichen. Doch bereits heute bringen MAN eTGE in ausgesuchten Gegenden die Waren zu den Postkunden – koordiniert von Thomas J. Ernst, dem Leiter Nationale Transporte und Beschaffung PostLogistics. Ein Gespräch über die ersten Erfahrungen mit E-Mobilität.

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Thomas Jakob Ernst

arbeitet seit 1987 im Unternehmen und war bereits in verschiedensten Führungspositionen tätig. Seit 2004 arbeitet der Züricher als Leiter Nationale Transporte und Beschaffung PostLogistics – und ist damit verantwortlich für sämtliche Schienen- und Straßentransporte der Post.

Bereits in vier Großstädten der Schweiz liefert die Post seit 2019 Päckchen und Pakete ausschließlich per E-Transporter. Ihr Zwischenfazit?

Ernst Die Wagen sind einfach toll. In den großen Städten spielt die Reichweite der eTGE keine Rolle, da fallen die positiven Aspekte natürlich besonders auf. In ein paar Jahren wird die Reichweite dank besserer Batterien noch größer sein und wir können anfangen, auch die Peripherie mit ihrem offenen Gelände und Gebirge zu elektrifizieren.

Was sind die besonderen Herausforderungen für die elektrisch betriebenen Vans?

Ernst In erster Linie ist ein E-Transporter für uns ein Werkzeug. Das Fahrzeug muss im Schnitt acht Jahre problemlos laufen, damit es sich für uns wirtschaftlich rentiert. Die Wagen werden aber stark beansprucht: Ständig den Gehsteig rauf und runter, 250 Mal am Tag schlagen die Zusteller die Türen zu oder starten den Motor. Dennoch: 90 Prozent des Preises für ein E-Fahrzeug zahlt man am ersten Tag, danach amortisiert sich der Wagen bereits.

Inwiefern amortisiert sich der Wagen denn so schnell?

Ernst Die Reparaturanfälligkeit ist einfach geringer, die Bedienung einfacher. Es gibt kein Schaltgetriebe, das Anlassen des Wagens fällt weg und es gibt im Motor weniger Teile, die kaputtgehen können. Dazu hat man weniger Unterhaltungskosten – Strom ist günstiger als Diesel, obwohl wir den Strom seit 2012 nur noch aus erneuerbaren Energien beziehen.

Trägt die Schweizerische Post die gesamten Kosten?

Ernst Nein. In der Schweiz werden Steuern auf fossile Brennstoffe erhoben, die dann zu den Firmen zurückgespielt werden. Bei der Post summiert sich dies auf drei Millionen Franken, die wir zur Elektrifizierung der gesamten Flotte nutzen – vom Fahrrad bis zum Lkw, dies ist politisch so gewollt.

Politik und Wirtschaft gehen also bei der geplanten Verkehrswende Hand in Hand?

Ernst Das CO2-Gesetz in der Schweiz war definitiv eine Anschubhilfe. Wir müssen nun bis 2030 unsere Treibhausemissionen im Vergleich zu 1990 halbieren. Wenn der einzelne Bäcker ein Elektroauto kauft, hilft das nicht so viel wie wenn die Post samt Zustellflotte auf E-Mobilität umstellt. Das sind dann nämlich gleich 2.000 bis 3.000 Zustellfahrzeuge.

Wird die Post denn ihr Ziel bis 2030 erreichen?

Ernst Das ist unser Anspruch, ja. Wir schauen bereits jetzt, welche Dieselfahrzeuge ersetzt werden können, und berechnen, wie hoch das Paketaufkommen 2030 vermutlich sein wird. Entsprechend richten wir die Planung für unsere Flotte aus, bauen die nötige Infrastruktur samt Ladestationen. Unsere Frage ist eher: Wird der Markt genug Fahrzeuge hergeben? Aktuell übersteigt die Nachfrage nämlich das Angebot.

Dabei ist der Elektroantrieb als Alternative doch seit langer Zeit bekannt?

Ernst Richtig. Uns war schon vor Jahren klar, dass es Restriktionen für den Verkehr in den Städten geben wird. Dieselverbote, größere Fußgängerzonen und Weiteres. Da mussten wir uns vorbereiten. Bei Elektroantrieben war klar: Da geht was. Und ich habe mich informiert.

E-Transporter hatte die Schweizerische Post also schon länger im Blick?

Ernst 2018 bin ich extra nach Amsterdam gefahren, um dort Elektrotransporter auf dem Hafengelände zu testen. Da steckte die Entwicklung in Europa noch in den Kinderschuhen, die Wagen stammten aus Fernost. Erst später kündigte dann MAN an, auf Elektro umzustellen. Jetzt haben wir endlich viel höherwertige Fahrzeuge; die Haptik, das gesamte Raumgefühl sind im Nutzfahrzeugbereich mit nichts zu vergleichen.

Werden denn Fahrzeuge 2030 überhaupt noch gebraucht? Die Post experimentiert ja bereits mit Robotern und Drohnen für die Zustellung.

Ernst Für mich bleibt der Kleinlastwagen immer noch das Optimum, besonders auf der letzten Meile. Gerade weil er mal eben 250 Pakete transportieren kann statt nur 10. Wir streben eine Mischversion zwischen automatischer Zustellung und Transporter an, auch weil die Pakete immer kleiner und leichter werden – das kostet dann mehr Zeit in der Zustellung und könnte von Drohnen erledigt werden.

Die E-Transporter werden also auch in Zukunft von Menschen gefahren?

Ernst Genau. Paketboten sind seit Jahren an die Zustellfahrzeuge gewöhnt. Die Zustellung erfolgt kleinteilig, selten fährt jemand mal 100 Meter am Stück. Doch ohne Ausnahme fahren unsere Boten gerne mit den eTGE – sie müssen nur den Knopf drücken, dann geht’s los. Sie sind begeistert. Einer unserer Zusteller rief mich an und sagte: „Eines müsst ihr wissen, ich steige da nicht mehr aus, bis ich pensioniert bin. Das Fahrzeug gehört jetzt mir!“

Interview   Patrick Witte
Fotos   Marc and David

#Elektromobilität#Transporter#eTGE#AlternativeAntriebe

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