MAN Truck & Bus
Mit dem eMobility Center in unsere Zukunft
Holger von der Heide leitet die Planung für den Lkw und als Bestandteil derer auch das neue eMobility Center von MAN und gehört zu den Initiatoren des Projekts. Im Interview erzählt er, was im eMobility Center genau passiert, warum es für MAN so wichtig ist und wie er privat für Nachhaltigkeit und Klimaschutz eintritt.
arbeitet seit rund 30 Jahren bei MAN. In dieser Zeit hat er 14 verschiedene Positionen im In- und Ausland bekleidet. Unter anderem war der Ingenieur Leiter des Buswerks im polnischen Posen, des Lkw-Werks in Steyr, Österreich, sowie Leiter der Ersatzteillogistik und der Qualitätssicherung Lkw. In den letzten Jahren war er für MAN in Indien tätig.
Von der Heide Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass sich die Mobilität verändert. Und auch verändern muss, damit wir unseren Kindern und Enkeln noch eine halbwegs lebenswerte Umwelt hinterlassen können. Elektromobilität spielt auf dem Weg zur Klimaneutralität im Verkehr eine ganz wesentliche Rolle. In diesem Bereich wollen wir als Unternehmen einen Beitrag leisten. Indem wir technische Lösungen für neue Produkte entwickeln, aber auch, indem wir unsere Mitarbeiter auf die neuen Herausforderungen vorbereiten. Für Beides ist das eMobility Center da, es ist ein Dreh- und Angelpunkt für unsere Zukunft.
Von der Heide Im Moment bauen wir hier einen Prototypen eines E-Trucks. Daran sind Mitarbeiter aus Technik und Entwicklung beteiligt, von Anfang an aber auch Kollegen aus der Produktion. Dass die Produktioner ihr Wissen und ihre Erfahrung in den Entwicklungsprozess so früh und intensiv einbringen, ist ein Novum bei MAN. Ihre Verbesserungsvorschläge bestimmen mit, wie das Fahrzeug letztendlich aussieht, wie die Produktionsabläufe organisiert werden und wie Maschinen und Anlagen für die Produktion beschaffen sind. Diese enge Zusammenarbeit zwischen Technik und Produktion garantiert, dass die neuen Fahrzeuge später in Serie auch tatsächlich problemlos und effizient produziert werden können. Damit sparen wir Aufwand und Kosten und machen das Produkt für unsere Kunden besser.
Von der Heide Nein, ganz im Gegenteil. In Zukunft werden fast alle Produktions-Mitarbeiter in einem rollierenden System für je einen definierten Zeitraum im eMobility Center arbeiten. Neben der Weiterentwicklung des neuen E-Lkw geht es ja auch darum, alle für die Produktion von strombetriebenen Fahrzeugen fit zu machen. Das lernt man im eMobility Center on-the-job, also bei der Arbeit direkt am Band, aber auch bei Theorieschulungen rund um das Thema Elektromobilität.
Von der Heide Ein E-Truck unterscheidet sich technisch sehr stark von einem Diesel-Lkw. Da sprechen wir zum Beispiel von noch engeren Bauräumen, aber auch und vor allem von neuen Risiken, auf die sich die Mitarbeiter einstellen müssen. Anders als beim klassischen Verbrenner sieht man E-Fahrzeugen ihre Gefährlichkeit ja nicht an. Niemand würde einfach so in eine rotierende Kurbelwelle greifen, aber ob ein Teil unter Strom steht oder nicht, ist erstmal kaum ersichtlich. Auch der Umgang mit den Batterien muss gelernt sein. Wenn sie Schaden nehmen – zum Beispiel, weil ein Gabelstapler sie aus Versehen anfährt – können sich im Inneren leitende Komponenten verbinden, was schlimmstenfalls zu einem schwer löschbaren Batteriebrand führen kann. Für all diese Gefahren werden unsere Mitarbeiter im eMobility Center sensibilisiert. Sie lernen, welche Risiken es gibt, wie sie sicher mit E-Fahrzeugen umgehen und wie sie richtig reagieren, falls doch mal etwas schiefgeht.
Zukunftsweisend Holger von der Heide kniet vor einem Wegweiser zum eMobility Center.
Von der Heide Nein, das stimmt nicht. Die Risiken sind bei Elektrofahrzeugen einfach nur andere, und man gewöhnt sich schnell an den sicheren Umgang damit. Schließlich kann jeder von uns ja auch eine Steckdose gefahrlos nutzen. Übrigens fördert auch das Arbeitsumfeld im eMobility Center das Sicherheitsbewusstsein. Die Räume sind groß, hell, sehr strukturiert und aufgeräumt. Auf den ersten Blick sieht es eher wie eine Klinik als wie eine Lkw-Produktionshalle aus. Für die meisten Mitarbeiter signalisiert schon dieses Umfeld: Hier laufen die Dinge anders, ich muss mich auf Neues einstellen, vorausschauend und vorsichtig agieren. Oder kurz gesagt: Hier ist eher die Pinzette als der Hammer gefragt.
Von der Heide Wir bilden die Serienproduktion im eMobility Center im Maßstab 1:5 ab; hier am Band gibt es elf statt 60 Plätze. Dadurch ist der Takt deutlich länger, für ihre Aufgaben haben die Mitarbeiter eine Stunde statt fünf Minuten Zeit. Jeder einzelne Mitarbeiter übernimmt im Center mehr Tätigkeiten als in der Serienproduktion. Das führt dazu, dass jeder einen größeren Teil der Produktion überschaut und einen besseren Eindruck vom Gesamtprodukt bekommt. Und dadurch zum Beispiel auch mehr Dinge sieht, die man noch verbessern könnte. Damit alle ihre Erfahrung und ihr Wissen optimal einbringen können, werden die Mitarbeiter zunächst an Stationen eingesetzt, die sie schon kennen. So kann sich jeder schrittweise an die neuen Aufgaben herantasten.
Von der Heide Anfangs gibt es bei Manchen durchaus Skepsis. Aber nach einer Weile sind die Meisten dann richtig begeistert. Es ist halt toll, sich mit einer modernen, zukunftsweisenden Technologie zu beschäftigen, ein Produkt aktiv mitzugestalten und ganz viel Neues zu lernen. Darauf haben viele wirklich Lust und engagieren sich. Und zwar sowohl junge als auch sehr erfahrene Kollegen.
Von der Heide Wir reden tatsächlich von Investitionen in Milliardenhöhe. Parallel entwickeln wir ja auch unsere Dieselmotoren weiter, was ebenfalls große Summen verschlingt. Auszahlen wird sich das erst in einigen Jahren. Aber diese Investitionen sichern langfristig den Erfolg und sogar das Überleben von MAN. Uns muss klar sein: Wenn wir uns nicht verändern, werden wir verändert. Und könnten als Unternehmen sogar ganz verschwinden. Elektromobilität und das eMobility Center sollen dazu beitragen, dass das nicht passiert.
Von der Heide Ja, auf jeden Fall. Dazu haben auch die letzten Jahre beigetragen, in denen ich für MAN in Indien gearbeitet habe. Dort habe ich erlebt, was wirkliche Armut ist und wie sie von Klimaveränderungen noch weiter verschärft wird. Das hat auch meinen Blick auf die Lage hier in Europa und in Deutschland verändert. Und auch mein Verhalten. Ich habe zwar immer noch einen SUV in der Garage, aber eben auch ein E-Mobil. Und ich versuche, auch in vielen anderen Bereichen immer umweltschonender zu handeln. Es geht nicht darum, von einem Tag auf den anderen einen völlig anderen Lebensstil zu fahren, sondern eher um eine sanfte Revolution der kleinen Schritte. Das versuche ich, in meinem Alltag umzusetzen. Und ich freue mich sehr, wenn ich merke, dass das andere Menschen in meinem Umfeld inspiriert.