MAN Truck & Bus
Es geht um die Zukunfts-fähigkeit
Corporate Responsibility (CR) ist für Unternehmen nicht mehr nur „nice to have“. Warum CR erfolgsentscheidend ist und wie MAN aufgestellt ist, erklärt Unternehmensberater Frank Sprenger im Interview.
ist Diplom-Kaufmann und US-Volkswirt und arbeitet seit 1992 als Unternehmensberater für die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit. 2016 gründete er die Beratung fors.earth. Sein Team hat die Formulierung der CR Vision von MAN begleitet und moderiert.
Sprenger Unglaublich viele, denn der Bereich CR hat sich im Laufe der vergangenen 30 Jahre stark entwickelt. Es ging in den 1980er-Jahren los mit den Themen Spenden, Sponsoring oder Compliance mit Umweltvorschriften wie Abfallentsorgung. Dann kam die Kommunikation mit Stakeholdern hinzu. Heute sind zusätzlich Aspekte wie Armut, soziale Verantwortung von Unternehmen sowie Diversity und vor allem Klimaschutz wichtig.
Sprenger Aktuell befinden wir uns in der Phase, in der immer mehr Unternehmen ihre CR-Strategien nicht mehr nur nebenherlaufen lassen, sondern sie ins Kerngeschäft integrieren.
Sprenger Vor allem Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind zwei Faktoren, die die globale Gesellschaft und produzierende Wirtschaft stark beschäftigen, denn sie beeinflussen Kaufentscheidungen und regulative Gesetze immer mehr. CR ist aus diesem Grund nicht mehr nur „nice to have“, sondern absolut relevant für das Kerngeschäft vieler Unternehmen. Das betrifft den Bereich Nutzfahrzeuge natürlich ganz besonders.
Sprenger CR-Themen haben 2008 bei MAN Fuß gefasst. Damals sollte das Umweltmanagement auf eine neue Ebene gehoben werden. 2010 entstand die erste umfassende Strategie. 2017 wurde die CR-Strategie an der Wertschöpfungskette von MAN Truck & Bus ausgerichtet. Vergangenes Jahr wurde in Zusammenarbeit mit der Strategieabteilung die CR-Vision „Clean, Safe, Caring. Driving Responsible Transport“ verfasst.
Sprenger Da geht es vor allem um Zukunftsfähigkeit. Globale Herausforderungen verändern Gesellschaft und Geschäftsmodelle. CR hilft Unternehmen dabei, das Ohr an der Schiene zu haben und zu verstehen, welche Veränderungen ihr Geschäftsmodell beeinflussen werden. Der vielleicht wichtigste Punkt dabei sind die Kundenanforderungen, die man antizipieren muss. Das ist herausfordernd, denn der Vertrieb denkt in kürzeren Zyklen als eine CR-Strategie. Das muss man zusammenbringen. Bleiben wir beim Thema Klima: Es verankert sich immer stärker in den Kaufentscheidungen, auch auf dem Markt für Nutzfahrzeuge. Geschäftsmodelle zu verändern, geht aber nicht von heute auf morgen. Gerade bei Nutzfahrzeugen sind die Anpassungszyklen für die produzierenden Unternehmen länger. CR hilft idealerweise dabei, rechtzeitig auf Entwicklungen zu reagieren.
Sprenger Unternehmen müssen sich auf die Themen fokussieren, die sie am meisten betreffen und wo ihre größte Verantwortung liegt. Wenn sie alle CR-Themen bearbeiten, wird es knapp mit ihren Ressourcen. Für Nutzfahrzeughersteller ist das CR-Thema Klima entscheidend und darüber hinaus die Produktsicherheit. Diversity im Unternehmen ist ein wichtiger Enabler, um das zu erreichen. Sie steht im Anforderungsprofil an MAN aber nicht an erster Stelle.
Sprenger Wichtig ist, CR im Unternehmen immer weiter zu entwickeln. Das hat MAN sehr gut gemacht. Dort ist man mittlerweile mit den CR-Zielen schon auf strategischer Ebene angelangt. Ein Don’t wäre: Die CR-Verantwortlichen sollten im Unternehmen vermitteln, aber den Abteilungen die Arbeit nicht abnehmen. Dann dringt CR nicht bis ins Kerngeschäft vor. Stattdessen muss man in die Abteilungen wirken, sensibilisieren, motivieren und herausfordern.
Strategieberatung für Nachhaltigkeit: Frank Sprenger sieht Corporate Responsibility auch als Katalysator für künftige Geschäftsmodelle.
Sprenger Der Preis ist immer der entscheidende Faktor – aber die Wahrnehmung von Preis verändert sich. Ein Beispiel: Bei Nutzfahrzeugen hat man bis dato nur den klassischen Total Cost of Ownership betrachtet. Im Zuge der Transformation tut die Politik derzeit alles dafür, dass auch alternativ angetriebene Fahrzeuge im Laufe ihres Lebenszyklus schneller wettbewerbsfähig werden, zum Beispiel durch zielführende Bemautung, Aufbau entsprechender Ladeinfrastruktur, monetäre Kaufanreize und andere Maßnahmen. Der höhere Anschaffungspreis von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben wird dadurch schneller ausgeglichen. Hinzu kommen die günstigere Kostenstruktur bei Energieverbrauch, Wartung und Verschleiß. Für nachhaltig orientierte Unternehmen ist es also zunehmend sinnvoll – nicht allein unter Imagegesichtspunkten – in Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben zu investieren.
Sprenger Mitarbeitende haben zunehmend den Wunsch, stolz auf ihr Unternehmen zu sein. Unternehmen, die eine schwache CR haben, müssen im Umkehrschluss mehr zahlen. CR zahlt hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens auch auf die Arbeitsplatzsicherheit ein. Unternehmen, die offensiv mit Veränderungen umgehen, haben bessere Chancen, lange zu bestehen. Auch das nehmen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wahr.
Sprenger Es ist wichtig, die KPI zu messen. MAN hat beispielsweise sein für 2020 gesetztes Klimaziel um zehn Prozent deutlich übertroffen. Messbar werden CR-Erfolge ansonsten vor allem durch die Befragung der Angestellten und der Stakeholder. Mögliche Fragen sind: Haben wir die richtigen Prioritäten gesetzt, um eure Erwartungen zu erfüllen? Sind unsere Ziele ambitioniert genug? Ist unser Fortschritt überzeugend?
Sprenger Man spürt, dass sie seit 2008 permanent weiterentwickelt wurde. Was MAN ganz hervorragend gemacht hat: Die Mitarbeitenden hatten in Schulungen die Gelegenheit, sich mit den geschäftsentscheidenden Themen Klima und Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Auch die Führungskräfte wurden intensiv geschult. MAN hat außerdem seine Stakeholder miteinbezogen und seine CR-Ziele entlang der gesamten Wertschöpfungskette definiert.
Sprenger Der Fokus auf das Thema Klima ist für den Nutzfahrzeugbereich für die nächsten zehn Jahre absolut richtig. Für die Zukunft wäre es gut, wenn MAN die Kooperation mit Scania noch intensiver nutzen würde. Außerdem wäre es wichtig, sich stärker mit dem Güter- und Personentransport in einer nachhaltigen Welt zu beschäftigen. Die Frage sollte nicht lauten, wie die Fahrzeuge aussehen werden, sondern welche Systeme die Mobilität der Zukunft bestimmen.